Was die Hasswelle auf Ironheart wirklich über „Fans“ verrät
Diesen Mittwoch ist mit Ironheart eine neue Marvel-Serie erschienen, die es bereits bei ihrer Ankündigung nicht leicht hatte. Eigentlich sollte die Serie deutlich früher erscheinen, doch dann versank sie für fast ein Jahr komplett in der Versenkung. Zwar wurde die Produktion nie eingestellt, aber ein Lebenszeichen gab es dafür auch nicht. Bis vor einigen Wochen der erste Trailer inklusive Veröffentlichungstermin für Ende Juni veröffentlicht wurde.
Ich für meinen Teil habe mich darauf gefreut, denn ich hatte beim Lesen der ersten Comics der Marvel-Heldin sehr viel Spaß. Doch meine Freude legte sich schnell, als ich sah, wie viel Hass die Serie und besonders die titelgebende Heldin bekommen hat. Das hat sich auch nach der Veröffentlichung nicht geändert.
Review-Bombing und Hassnachrichten
Eine Serie nicht zu mögen ist nichts Verwerfliches, aber die „Fans“ sind nahezu schon aktivistisch unterwegs. Bereits vor der Veröffentlichung wurde die Serie mit negativen Bewertungen bombardiert, um im Vorfeld das Gesamtrating zu drücken. Sie wollen damit die Serie boykottieren, ohne sie gesehen zu haben, um unwissende Nutzer abzuschrecken. Leider funktioniert das.

Gerade unter den Posts der offiziellen Marvel-Seite auf Instagram tummeln sich haufenweise Kommentare, die die schlechten Bewertungen auf Rotten Tomatoes oder IMDb wiedergeben. Im letzten Jahr ist etwas Ähnliches bereits mit der Star Wars-Serie Acolyte geschehen.
Ich habe heute erst einen Kommentar unter einem Reel gelesen, in dem ein Nutzer mit einem öffentlichen Profil „Cant wait to bully this series“ kommentiert hat – mit über 200 Likes. Mit welch einer Hingabe hier eine Serie gehasst wird, die absolut harmlos ist, ist mir unbegreiflich. Das ist eine sehr schwierige Entwicklung, über die ich bereits in einem anderen Beitrag geschrieben habe.
Was der Hass über die „Fans“ aussagt
Der Großteil des Hasses ist meist unbegründet. Die Leute hassen die Serie einfach, weil ihnen Oberflächlichkeiten nicht passen oder gar aus rassistischen beziehungsweise misogynen Gründen. Sie versuchen nicht einmal, etwas zu kritisieren, zumal sie ja noch nichts kritisieren können, da sie die Serie erst gesehen haben müssten. Es gibt aber dennoch „Fans“, die ihren Hass begründen – dabei wirken die Argumente jedoch mehr als Mittel zum Zweck, um ihren Rassismus oder Antifeminismus zu rechtfertigen.
Neben den typischen Kampfbegriffen wie „Woke“ wird Ironheart immer dafür kritisiert, in wessen Fußstapfen sie treten will. Sie ist eben kein Tony Stark, und genau den wollen diese „Fans“ wieder zurück. Dabei will Ironheart keinesfalls Iron Man ersetzen, denn der ist ja schon seit einigen Jahren aus dem MCU geschieden. Ironheart möchte das Vermächtnis weiterführen. Daran ist nichts Verwerfliches und gerade in der Comic-Welt gang und gäbe. Man muss sich eben darauf einlassen. Das fällt allerdings schwer, wenn ein generelles Problem mit Heldinnen besteht. Oder man kann die Serie auch einfach ignorieren, es muss ja nicht alles gefallen. Außerdem spricht Ironheart auch eine junge und vielleicht sogar weibliche Zielgruppe an.
Lustig finde ich dann auch immer, „Wokeness“ als Argument zu verwenden. Der Vorwurf, das Medium verfolge eine politische Agenda – ist es da nicht etwas widersprüchlich, sofort eine politische Agenda zu vermuten, sobald eine Hauptfigur mal nicht weiß und männlich ist?
Die Comic-Vorlage von Ironheart und das damit verbundene Déjà-vu
Im Jahr 2015 wurde das Marvel-Universum nach dem Comic-Event Secret Wars neugestartet oder zurückgesetzt. Die Multiversen wurden zu einem Universum komprimiert. Mit dieser Veränderung wollte Marvel frischen Wind in das Comic-Universum bringen. Sie wollten massive Veränderungen einbauen, was ihnen mal mehr, mal weniger gut gelang. Doch die Kritiken daran waren entlarvend. Anders als heute wurde hier nicht von „Wokeness“ gesprochen, sondern von „Genderswap“. Denn auf den ersten Blick wurden bekannte männliche Helden in weibliche Helden umgewandelt.
Aber das stimmte so nicht ganz. Denn es wurde in vielen Fällen sehr gut in der Handlung erklärt. Bei Thor zum Beispiel wurde der namensgebende Held unwürdig für den Hammer Mjölnir und konnte diesen nicht mehr heben. Dafür wurde Jane Foster würdig. Die damit verbundene Geschichte war sehr tragisch und tiefgehend geschrieben. Ein Teil davon wurde auch in Thor: Love and Thunder verarbeitet.
Im Falle von Ironheart lief es so: Iron Man hatte zu Beginn eine wirklich sehr gute Reihe, aber Tony Stark hat im Zuge des Events Civil War 2 den Löffel abgegeben. Sein Vermächtnis ist eine hauseigene Tony-Stark-KI und ein Anzug, den er an die junge Wissenschaftlerin Riri Williams weitergegeben hat. In dieser Rüstung lebt Stark als KI weiter und unterstützt die heranwachsende Heldin. Das hat für mich großartig funktioniert, wurde aber leider nach recht kurzer Zeit wieder abgesetzt und auf den Status quo zurückgesetzt. Es wurde schon sehr früh klar, dass viele die Comics nicht gelesen hatten und diese Veränderung, besonders bei den Heldinnen, die mehr Fokus bekamen, problematisch fanden.
Die Erkenntnis daraus
Auch bei der Kritik um Ironheart wird wieder sehr schnell klar, worum es hier eigentlich geht. Viele Hater haben ein Problem mit der weiblichen Figur, die in die Fußstapfen von Iron Man treten möchte. Sie will ihn nicht ersetzen, nur sein Werk mit guten Absichten weiterführen. Das reicht aber anscheinend nicht. Tony Stark hatte seinen fulminanten Abgang und gehörte auch zu einem meiner Lieblinge, genauso wie es der Iron Man aus den All-New Comics der 2015er war. Dennoch kann ich mich auf eine Geschichte einlassen, die etwas Neues erzählt und eine neue Heldin etablieren möchte.
Riri Williams ist nicht die erste Person, die neben Stark in einem Anzug steckt, auch nicht im MCU. Im Falle von Riri Williams ist es dieses Mal aber eine schwarze Frau. War Machine war bisher auch ein ziemlich egaler Held ohne großen Stellenwert neben den anderen Figuren im MCU, durfte sich aber bisher an keinem Hass erfreuen. Wieso ausgerechnet jetzt? Egal wie „schlecht“ die Ironheart-Serie nun ist, kann sie doch auch einfach egal sein. Hier wird ganz klar eine politische Kampagne gefahren.